Ratgeber Mathematik Mathematiker Softwareentwicklung
Softwareentwickler programmiert Code auf einem Laptop in einem technologisch fortschrittlichen Büro.

Mathematiker in der Softwareentwicklung – Erfahrungsbericht

Dr. Eva Birkmann, MBA
Dr. Eva Birkmann, MBA
Lesedauer: 6 Min.
Aktualisiert am: 10.06.2024

Die Berufsfelder für Mathematiker sind vielfältig. Um zu wissen, wie Karrierewege wirklich aussehen, liefern Erfahrungsberichte von Mathematikern, die verschiedene Wege eingeschlagen haben der authentischste Einblick. Hier erfährst du aus erster Hand wie man als Mathematiker in der Softwareentwicklung durchstarten kannst.

Mathematiker – Erfahrungsbericht

Meine akademische Laufbahn habe ich mit einem Physik- und Mathematikstudium begonnen. Nachdem ich in beiden Fächern mein Vordiplom gemacht habe, habe ich mich danach auf Mathematik konzentriert. In der Mathematik ging es dann mit dem Diplom und einer anschließenden Promotion im Bereich Analysis und partielle Differenzialgleichungen weiter. Mein erster Job nach der Uni war beim Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik, bei dem ich für zwei Jahre im Management tätig war und ein Dezernat des Rechenzentrums mitgeleitet habe. Seit zehn Jahren arbeite ich nun inzwischen als Software-Entwickler* bei einer Firma, die geologische Software für die Ölindustrie entwickelt.

Bei uns am Standort sind zwei größere Gruppen tätig, die Entwickler und die Geologen*. Unter den Entwicklern sind vorwiegend Physiker*, Mathematiker* und Informatiker*, auch schon mal ein Geophysiker* oder ein Ingenieur* aus dem Bereich Maschinenbau. Die Geologen* haben meist Geowissenschaften, Geologie oder Geophysik studiert. Sie stehen im Kundenkontakt und erklären und verkaufen die Software oder führen mit unserer Software Projekte für Kunden aus.

Anforderungen an einen Softwareentwickler*

Aus dem Mathematik-Studium haben mir weniger direkte fachliche Qualifikationen geholfen, als vor allem die Fähigkeit, Probleme analysieren und strukturieren zu können. Software-Entwickler* sollten keine Angst haben, wenn sich ein Problem mal nicht innerhalb eines Tages lösen lässt. Tiefergehende Probleme mit einem gewissen Biss anzugehen, ist in meinem Job wichtig, das habe ich im Mathe-Studium, in der Diplom- und Doktorarbeit gelernt.

Was ist das durchschnittliche Gehalt als Mathematiker?

Durchschnittsgehalt
56.736 €

brutto pro Jahr

Salary

Das Durchschnittsgehalt als Mathematiker beträgt 56.736 €. Die Gehaltsspanne in diesem Berufsfeld reicht von 51.808 € bis 66.165 € .

Daneben glaube ich, dass in meinem Job ein gewisses Gefühl für Ästhetik im weiteren Sinne wichtig ist. Das Schöne in Strukturen wie etwa einem Code zu erkennen und wertschätzen zu können, macht einen großen Teil der Freude aus, wenn man Neues im Rechner erschafft.

Dieser Sinn für Ästhetik ist in meinem Fall aber noch in anderer Hinsicht wichtig. Die Software, die ich in meinem Job programmiere, hat einen hohen grafischen Anteil und es macht Spaß die geologischen Modelle durch Raum und Zeit zu beobachten. Hilfreich für die Realisierung ist dabei nicht nur ein entsprechendes Vorstellungsvermögen, sondern auch ein Gefühl dafür, was aus einem grafisch-ästhetischen Blickwinkel „richtig“ ist.

Ein typischer Arbeitstag als Softwareentwickler*

Was einen typischen Arbeitstag in meinem Job angeht, verbringe ich diesen natürlich, von Besprechungen mal abgesehen, in der Regel vor dem Computer. Eine Software wird aber nicht unbedingt von Anfang an am Rechner entwickelt, häufig werden erste Konzepte zunächst einmal auf einem Blatt Papier erstellt. Diese kreativen Konzeptphasen finde ich immer besonders spannend.

In dieser Phase wird grob besprochen, wie das Ergebnis zum Schluss aussehen soll. Es werden Vorschläge gesammelt und gesichtet, was bereits vorhanden ist. Als Team sitzt man zusammen und stimmt ab, wer welche Teile entwickelt. Neben diesen Besprechungs- und Projektierungsphasen sitzt ein Software-Entwickler* im Job dann natürlich 80-90 % vor dem Rechner.

Entwicklungsmöglichkeiten

Prinzipiell gibt es die Möglichkeit, als Software-Entwickler* ins Management zu wechseln. Im technischen Bereich ist es möglich, Software-Architekt zu werden, wobei die Anzahl an Stellenangebote in diesem Bereich natürlich begrenzt ist. Daneben ermöglicht unser Unternehmen es Software-Entwicklern* eine Fachkarriere anzustreben. Im Gegensatz zu einer Managementkarriere ist eine solche fachlich/wissenschaftliche Karriere nicht unmittelbar mit Personalverantwortung verbunden. Innerhalb von diversen Stufen (Senior, Principal, Advisor) übernimmt man dabei Abteilungs-, Projekt-, Center-übergreifend fachlich beratende Aufgaben.

Meine Aufgaben im Job haben sich über die Jahre immer wieder neu entwickelt. Als ich vor zehn Jahren angefangen habe, bestand mein Aufgabenfeld aus der reinen Softwareentwicklung. Im Laufe der Zeit habe ich immer mehr Aufgaben zentraler Art übernommen, also eher die Rolle eines Software-Architekten* eingenommen. Für eine Phase von zwei bis drei Jahren habe ich ein Team geleitet und war mehr im Management tätig. Mittlerweile bin ich größtenteils wieder zur fachlichen Arbeit zurückgekehrt. Was ich also sagen möchte, ein Karriereweg ist vielfältig.

Top-Unternehmen für Mathematiker

HENSOLDT Sensors
Technische Universität Dresden
Forschungszentrum Jülich
enercity
HUK

Erfolge, die motivieren

Hin und wieder besteht die Chance etwas richtig Algorithmisches zu entwickeln, das finde ich dann immer ganz besonders reizvoll. Beispielsweise gab es für unsere geologische Software einmal die Aufgabe, Löcher in Karten zu ergänzen. Da steckt eine Art von Problemstellung hinter, die prinzipiell beliebig viele Lösungen hat, aber es müssen eben Heuristiken gefunden werden, um „natürliche“ Lösungen zu erzielen.

Dazu versucht man sich zunächst einmal einen Überblick mit Literatur- und Internetrecherche zu verschaffen. Man wählt und implementiert dann das, was einem unter den Gegebenheiten (Anforderungen bzgl. Inhalt, Performance und Projektdauer) für die Problemstellung am sinnvollsten erscheint. Es ist ein schönes Gefühl, wenn am Ende nicht nur in einer Karte die Löcher gefüllt sind, sondern man etwas ausliefern kann, was anderen ermöglicht, dies zu tun.

In dieser Weise finde ich für mich selbst die Bestätigung in meinem Job als Software-Entwickler*, wenn ich nach einem Entwicklungszyklus auch wirklich etwas vor mir habe, das gut funktioniert und auch dem Kunden* gefällt. Es erfreut mich meinen Teil zu einem Release beigetragen zu haben und das Einzelprodukt oder die Architektur, für welche ich die Verantwortung übernommen hatte, reibungslos läuft.

Ich kann mich gleichermaßen für einen schönen, eleganten Code begeistern. Da gibt es große Unterschiede, oft kann das, was in komplizierten hunderten von Zeilen gemacht ist, in wenigen Zeilen geschrieben werden oder man kann gut angelegte Teile in Dutzenden von Zusammenhängen wieder benutzen. In diesem Zusammenhang sind die anderen Entwickler*, die Kunden* und deren positive Resonanz motivierend.

Karrieretipps

Mein Rat an jeden, der sich für die Software-Entwicklung interessiert, ihr müsst im Job die Bereitschaft haben, euch die notwendigen Informationen und das Wissen selber zu beschaffen und anzueignen. Es wird letzten Endes eben sehr weit vorne gearbeitet, wo niemand erwarten kann, dass irgendjemand anderes sagt, wie es geht. Das muss schon jeder selber herausfinden.

Die fachliche Qualifikation ist längst nicht alles. Also: „Studieren Sie das, was Ihnen am besten gefällt!“ – Soll heißen, das wofür Sie sich begeistern und gerne Ihre Zeit investieren.

Wo gibt es aktuell die meisten Mathematiker Jobs?

Es kam bei meiner Einstellung als Software-Entwickler* nicht darauf an, was ich konkret in meinem Mathematikstudium für einen Schwerpunkt hatte, oder ob ich überhaupt Mathematik studiert habe. Was ich eher mit meinem Studium zeigen konnte, war, dass ich mich in technische Probleme gut hineinarbeiten kann und Spaß an solchen Problemen habe.

Daneben gab es einen Aspekt fern ab von den üblichen Hard-Skills, die wichtig für meine Einstellung waren. Eine Leidenschaft von mir ist das Malen und das Zeichnen. So konnte ich bei der Bewerbung zeigen, dass ich einen gewissen Draht zu grafischen Aspekten habe. Das hat mehr gewogen, als dass ich auf der Programmierseite damals nicht besonders viel Erfahrung hatte.

Erfolgsfaktoren

  • Ein Studium der Informatik, Physik, Mathematik oder in einer Ingenieurwissenschaft
  • Strukturierte und analytische Arbeitsweise
  • Selbständiges Aneignen von Knowhow
  • Innovationsfreude und die Lust Neues zu Lernen
  • Teamfähigkeit
Dr. Eva Birkmann, MBA

Dr. Eva Birkmann, MBA

Dr. Eva Birkmann ist promovierte Naturwissenschaftlerin und Wirtschaftswissenschaftlerin. Als Geschäftsführerin von jobvector ist sie als anerkannte Autorin von Ratgeber-Artikeln zum Thema MINT-Karriere und Fachbeiträgen für Recruiting und Personalwirtschaft tätig.
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